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Lektionen: Die Fehleranalyse zur Pressemitteilung

Wie viele andere erhalte auch ich regelmäßig Pressemitteilungen. Heute beispielsweise von Tchibo, British Airways, einer Versicherung und einem Sonnenstudio. Schön wäre es, wenn ich diese bestellt und gewollt hätte, oder wenn sie zumindest zu den Themen passen würden, mit denen ich mich beschäftige und über die ich gerne mal schreibe. Aber sie erreichen mich ziemlich wahl- und planlos.

Nun: Damit die Mühe, mir eine Pressemitteilung per E-Mail zu schicken, nicht ganz umsonst war, werde ich künftig einige dieser Pressemitteilungen auf ihre Schwächen hin analysieren. Damit erhalten die Versender indirekt doch einen Mehrwert: Zwar keine „Publikation“ und erst recht kein „über ein Belegexemplar Ihrer Publikation würden wir uns freuen“; aber zumindest gibt es kostenlose Tipps, wie sie es beim nächsten Mal besser machen könnten.

Am vergangenen Donnerstag erreichte mich dieses Prachtstück. Doch gehen wir die Kritikpunkte einfach mal durch:

Misslungene Pressemitteilung

Empfänger: Pressemitteilungen machen nur Sinn, wenn sie an Journalisten, Blogger, Multiplikatoren gehen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Ansonsten ist der Versand wertlos. Man könnte sogar durchaus von „Spam“ sprechen. Der Versender dieser Pressemitteilung hat die Empfänger in das „BCC-Feld“ gepackt, so dass niemand den Verteiler sehen kann. Das ist auch prima. An der Tatsache, dass auch mir diese Pressemitteilung zusendet wurde, kann ich gleichzeitig erkennen, dass dieser Verteiler nicht sehr „spitz“ ist, sondern die Pressemitteilung eher wahllos versendet wurde. Vielleicht bin ich ja auch nur eine negative Ausnahme …
Tipp: Schneiden Sie Presseverteiler stets sauber auf Ihre Zielgruppen zu.

Datum: Eine Pressemitteilung um 17:01 Uhr zu versenden, ist nicht gerade die glücklichste Entscheidung. Ausnahme: Es handelt sich um eine wirkliche Eilmeldung. Doch dies ist hier nicht der Fall. Warum? Um diese Zeit sind bei Tagesmedien die Redakteure mit der Endredaktion beschäftigt, sonstige Medienvertreter und Kommentatoren werden sich zu diesem späten Zeitpunkt eher anderen Themen oder der Abend-Beschäftigung zuwenden.
Tipp: Ziehen Sie den Versand entweder vor, oder verlegen Sie ihn auf den nächsten Morgen.

Betreff: Der Betreff ist kurz. Das ist prima. Der Begriff „Pressemitteilung“ ließe sich sogar noch streichen bzw. auf „PM“ verkürzen. Das ist aber eher nebensächlich. Etwas verwunderlich wirkt dagegen die Datumsangabe: 24.04.2012. Die Pressemitteilung habe ich nämlich erst am 26.04. erhalten. Dies signalisiert mir schon: Die Sache ist bereits zwei Tage alt. Warum sollte ich mich jetzt noch damit auseinandersetzen? Und das in Zeiten von Social Media, wo – relevante – Themen sich selbst ihre Verbreitungswege suchen?
Tipp: Spätestens am Morgen nach der Veranstaltung muss die Pressemitteilung raus.

Titel: Der Titel „Bericht und Zitate der Tagung „Impfschutz für alle“ – Nachholbedarf bei Migranten“ ist wenig griffig sondern eher umständlich. Hier wäre es die Aufgabe gewesen, einen klaren Titel sowie einen verständlichen Untertitel zu formulieren. Dieser sollte die Kernaussage der Tagung beinhalten. Auch die Ministerin sollte hier umbedingt erwähnt werden, um der Pressemitteilung nach außen mehr Gewicht zu verleihen.

Anrede: „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist eine hübsch-förmliche Anrede. In einer Pressemitteilung an sie aber nichts zu suchen. (Immerhin wurde sie in der angehängten Pressemitteilung gestrichen.) Hier sind die berühmten 7 W-Fragen zu beantworten. Nur so kann der Empfänger schnell entscheiden, ob dieses Thema für ihn von Relevanz ist – oder nicht.
Tipp: Kommen Sie besser sofort zum Punkt.

Schreibstil: Pressemitteilungen sollten leicht verständlich geschrieben werden. Dazu zählt auch, dass Bandwurm-Sätze u.ä. vermieden werden sollten. Der erste Satz in dieser Pressemitteilung geht schon mal über 40 Wörter – und müsste dringend verkürzt werden.
Tipp: Versuchen Sie deutlich kompakter zu formulieren.

Gestaltung: Schon bei meiner letzten Analyse hatte ich es erwähnt: Eine Pressemitteilung im HTML-Format erhöht die Gefahr, dass sie von den immer strenger eingestellten Filtern der Server blockiert wird. Zudem ist die Wahl des HTML-Formats hier unnötig: Denn außer der Festung im Titel und der farbigen Markierung der Namen besteht der Text aus „Plain-Text“. Außerdem: Wie heißt es so schön: „Das Auge liest mit“. Statt der Farbgebung sollte hier vielmehr mit Absätzen gearbeitet werden. Auf diese Weise wird aus der bisherigen „Bleiwüste“ ein Text erstellt, der Lust auf das Lesen macht. Auch dies gehört zu einer Pressemitteilung.
Tipp: Erhöhen Sie die Lesbarkeit durch Absätze.

Attachment: Der Versender hat der E-Mail die Pressemitteilung auch noch als PDF-Dokument beigefügt. Warum? Die Zeiten, dass Journalisten Pressemitteilungen abspeicherten – dazu war das PDF-Format sehr geeignet -, sind lange vorbei. Stattdessen erhöht jedes Attachment die Chance, dass die Pressemitteilung von Filtern geblockt wird. Dies gilt auch für die beiden zwischen 1 bis 2 MB großen Bildern. Dabei wäre es doch viel einfacher gewesen: Die Bilder in den Pressebereich hochladen und von der Pressemitteilung einen direkten Link setzen. Positiver Nebeneffekt: Jeder Journalist und Multiplikator könnte selbst entscheiden, welches Bild in welchem Format für ihn in Frage kommt. Auch weitere Dateien rund um die Veranstaltung – Portraits der Teilnehmer, Redenprotokolle, Hintergrundberichte, Statistiken, Studien etc. – ließen sich prima mitarbeiten.
Tipp: Arbeiten Sie vermehrt mit Links in den Online-Pressebereich.

Dies sollen einige Tipps sein, wie die Versender es beim nächsten Mal etwas besser machen könnten. Noch ein wichtiger Tipp: Streichen Sie mich aus diesen Verteilern. Im positiven Fall wird die Pressemitteilung gelöscht, im negativen Fall landet sie hier im Blog oder per Beamer im Unterricht mit PR-Studierenden zum Thema „schlechte Beispiele“. Und da will doch niemand hängen, oder?

Über dominikruisinger

Ideen, Gedanken, Anmerkungen von Dominik Ruisinger – Journalist, Dozent, Coach, PR-Berater, Autor der Fachbücher 'Online Relations' und 'Public Relations' - heute nur noch aktiv auf https://www.dominikruisinger.com

Diskussionen

7 Gedanken zu “Lektionen: Die Fehleranalyse zur Pressemitteilung

  1. Ein schönes Beispiel, um auch mal wieder die eigenen PMs auf den Prüfstand zu stellen. Das Thema ist eigentlich klasse, die Form eines Veranstaltungsnachberichts ist jedoch meiner Meinung weniger geeignet, um das Thema aktiv zu setzen.

    Der Absender müsste stärker „nach vorne“ schreiben und auf die Aktionswoche hin oder die neue Broschüre hinweisen. Diejenigen News, die konkreten Nutzwert liefern, kommen jedoch erst am Ende und gehen damit leicht unter.

    Der Umgang mit PR-Zitaten ist auch immer schwierig, da wir häufig mit Nullaussagen zu kämpfen haben. Das betrifft den Herzschmerz der Ministerin genauso wie die Info von Herrn Salman, dass „es nicht lange dauern wird“, bis alle 50.000 Exemplare der Broschüre verteilt sind. Diese Information ist journalistisch nicht interessant und dient eher dazu, völlig ohne Not noch einmal den Herrn Salman ins Spiel zu bringen.

    Mein letzter Tipp: Und immer auf die richtigen Formatierungen und Zeichensetzungen achten. Nachlässigkeiten hier vermitteln schnell den Eindruck, dass dem Verfasser selbst wenig am Thema liegt. Also warum sollte sich der Journalist dafür interessieren? Gut entdeckt Dominik, ein richtig spannendes Lehrbeispiel.

    Verfasst von Oliver Jorzik | 3. Mai 2012, 9:55 am
    • @Oliver: Danke dir für das Lob – es ist wirklich ein ganz prima Vorzeige-Beispiel. Und ich gebe dir natürlich vollkommen recht: Es geht ganz konkret um einen konkreten Nutzwert, den eine Pressemitteilung transportieren sollte. Und dazu hatte dieses Thema eigentlich einiges zu bieten gehabt. Daher, richtig: Schönes Thema, nur leider schlechte Pressearbeit.

      Verfasst von dominikruisinger | 3. Mai 2012, 10:41 am

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