vor ein paar Wochen hatte ich geschrieben, dass ich künftig hier im Blog regelmäßig Pressemitteilungen analysieren werde, die ungewollt wie unbestellt in meinem E-Mail-Postfach landen. Nicht dass jemand jetzt glaubt, dass ich seitdem keine mehr erhalten habe. Vielmehr habe ich auf so ein hübsches Exemplar richtig gewartet, das vor ein paar Tagen mein Postfach beglückt hat: Dieses Mal ein Presse-Newsletter von Tirol Presseteam.
Was ist denn ein Presse-Newsletter, werden vielleicht einige fragen? Ein Presse-Newsletter hat grundsätzlich die Funktion, speziell Journalisten im Vorfeld auf wichtige neue Themen oder kommende Veranstaltungen hinzuweisen. Die angebotenen Themen sollen Ideen anteasen und auf diese Weise den Journalisten zur weiteren Recherche verleiten. Wer dabei das Thema bereits über andere Wege kommuniziert (hat), ist wiederum als Thema für einen Presse-Newsletter „tot“. Ganz hervorragend macht das beispielsweise das französische Fremdenverkehrsamt, dessen Presse-Newsletter ich immer wieder gerne lese – und der sich übrigens hier abonnieren und natürlich auch einsehen lässt. Vorbildlich.
Weniger gut macht es dagegen – um in der Tourismus-Branche zu bleiben – das Presse Tirol Team. Nicht dass ich diesen Newsletter jemals bestellt habe oder mich als Journalist für unsere sympathischen Nachbarn interessiere. Diese Aspekte lassen wir jetzt mal großzügig beiseiten. Warum ich diesen Newsletter dennoch für das Blog ausgewählt habe, liegt an diesem grandiosen Mehrwert – Achtung Sarkasmus -, den Medienvertreter durch diesen in der aktuellen Juni-Ausgabe erhalten. „ÖSV-Adler am Adlerweg“. Mmmmm, auch wenn ich ja sportlich recht beschlagen bin – ich meine damit lesen und schreiben und hören -, so stelle ich mir bei diesem Text gleich mehrere Fragen:
a) Absender: Am Absender will ich eigentlich nichts herummäkeln. Eine Frage sei doch erlaubt: Warum bin ich denn plötzlich ein Monatsmedium? Ob da Adressen durcheinander gekommen sind?
Merke: Eine saubere Adresspflege ist die Voraussetzung für jede erfolgreiche Medienarbeit.
b) Betreff: Ist eine Betreff-Zeile „ÖSV-Adler am Adlerweg“ wirklich für deutsche Medien so adäquat? Natürlich nicht. Denn welcher deutsche Reisejournalist kann mit dem Begriff ÖSV und Adlerweg sofort etwas anfangen – gerade zur Sommerzeit. Übrigens: Dieses Problem rührt eindeutig davon, wenn man Monatsmedien aus dem DACH-Raum parallel anschreibt.
Merke: Segmentieren Sie besser beim nächsten Mal Ihre Adressen – in Österreichische Monatsmedien und sonstige Monatsmedien.
c) Thema: Ist das Thema Skispringer denn wirklich gerade so gut angesagt, wo doch der Sommer auch über Österreich reinschwappt? Natürlich nicht. Außerdem sollte auch bei unseren Nachbarn angekommen sein, dass gerade ein ganz anderer Sport auf der Themen-Agenda steht. Und der hat weder etwas mit Springen noch mit Wandern zu tun.
Merke: Berücksichtigen Sie beim Themensetting auch Jahreszeiten und Aktualitäten.
d) Timing: Ist denn eine Veranstaltung, die bereits bei Versand eine Woche vorbei war, wirklich ein Thema für einen Presse-Newsletter? Natürlich nicht. Ich wüsste nicht, wie sich Journalisten aus den jetzt bereit gestellten Fotos und Videos ein Thema basteln sollten.
Merke: Wenn eine Veranstaltung vorbei ist, müsste der Medienvertreter schon hochwertigen Content erhalten, um doch noch darüber zu berichten.
e) Mehrwert: Sollten nicht vielleicht noch weitere Themen die Vielfalt eines Presse-Newsletters erhöhen? Ja, auf jeden Fall. Schließlich würde dies den Mehrwert und damit auch die Chance erhöhen, vom Medienvertreter „erhört“ zu werden. Nur ist dieser Presse-Newsletter leider monothematisch.
Merke: Presse-Newsletter leben von der Vielfalt der integrierten Themen.
Liebes Presseteam: Dieser Newsletter erhält von mir ganz klar die Schulnote 6 – und das heißt „Leider sitzen geblieben“. Das Gute daran: Er wird mich trotzdem nicht an weiteren Reisen ins Tirol hindern. Dazu ist euer Land viel zu schön.
Ach ja: Falls die Frage kommt, ob dieser Newsletter vielleicht gar nicht als Presse-Newsletter sondern als ganz normaler Newsletter angelegt ist, dann muss ich gleich widersprechen. Wer auf den „Abbestell-Link“ klickt, findet auf der nächsten Seite – und immerhin dies läuft perfekt – den Hinweis auf den Presse-Newsletter.
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Pingback: Lektionen: Schlechtes Adressmanagement mit 12 Jahre altem Verteiler « GEDANKENSPIELE by Dominik Ruisinger - 20. Juli 2012