In den letzten Monaten versuchen sich immer mehr Unternehmen an eigenen Twitter-Service-Kanälen, natürlich inspiriert von Angeboten wie @telekom_hilft, @db_bahn oder @amazonhelp. Beispielsweise versucht sich seit diesem Monat auch die TUI an solch einem Kanal – wenn auch noch ganz in den Anfängen. Einige dieser Kanäle hatte ich Ende letzten Jahres selbst getestet und darüber kompakt hier im Blog berichtet.
Bei meinen Tests machte ich meist durchaus positive Erfahrungen, wenn es teils auch an der internen Kommunikation etwas haperte. Kein Wunder also, dass diese Service-Angebote von Nutzern verstärkt genutzt werden, was sich an der wachsenden Zahl der Tweets und Follower ablesen lässt. Bei einigen habe ich aber meine Zweifel an ihrer Wirksamkeit und Sinnhaltigkeit.
Ein Beispiel: In der letzten Zeit ärgere ich mich immer mehr über Unternehmen, die mir ohne Erlaubnis E-Mail-Werbung zusenden (Anmerkung: Nach meinem Eindruck hat sich dies in letzter Zeit verstärkt.). All diesen empfehle ich diese Richtlinie – hoffentlich bald wieder in der aktuellsten Version – als informative Pflicht- und Nachtlektüre, damit die Ergebnisse tief im Kopf verankert bleiben. Eines Morgens spammte mich die Deutsche Bank mit einem nicht bestellten und damit unerlaubten Newsletter. Da das Unternehmen gleichzeitig einen Twitter-Service-Account betreibt, meldete ich mich dort mit meiner Beschwerde:
Daraufhin entwickelte sich ein interessanter Dialog: Während die Deutsche Bank mir riet, ihrem Service per E-Mail (online.service@db.com) das ganze Problem zu schildern, ging ich davon aus, dass dies per Twitter möglich wäre und sie mich aus dem Verteiler nehmen würden. Schließlich war ja – durch die unerlaubte E-Mail – meine E-Mail-Adresse dem Unternehmen bekannt. Ich bot an, dass ich diese zur Erinnerung sogar per DM senden würde.
Und dann kam die Antwort, die mich richtig verwirrte:
Okay, der Link führt zum Twitter-Profil. Und dort steht standardmäßig nur: „Bitte senden Sie keine persönlichen Daten oder Aufträge!“ Doch abgesehen davon: Für was gibt es dann diesen Twitter-Service, wenn das eigene Team Kunden nicht aktiv helfen darf? An dieser Stelle war mein Vertrauen erlöscht, schnell und problemlos zu einer Lösung zu kommen.
Mein Nachdenken richtet sich in keiner Form gegen die Personen, die auf meine Anfrage geantwortet hatten. Meine – wechselnden – Twitter-Ansprechpartner reagierten alle sehr freundlich und prompt. Doch in mir drin grummelt es, was ich von solch einer Hilfe verstehen soll. Anders gesagt: Ich frage mich schon nach dem tieferen Sinn solcher Service-Accounts, wenn sie nicht über den selben Kanal helfen können, denn:
- Sollte nicht jeder Service-Kanal mit den weiteren Kommunikationskanälen eng vernetzt sein?
- Wäre es so schwierig gewesen, diese Info an die andere Abteilung weiterzugeben, mein Name samt E-Mail war schließlich bekannt?
- Sind generell Hilfeleistungen nicht sehr eingeschränkt, wenn keine Aufträge bearbeitet werden können und DM bei Twitter zugelassen sind?
Oder aber: Erwarte ich einfach zu viel von diesen Servicekanälen?
Wie gesagt, ich bin in meiner Meinung etwas zerrissen. Nur heißt Service für mich doch auch „Service“ und nicht „halber Service“. Wer einen Service-Account anbietet, sollte daher diesen Kanal nicht als Alleinangebot sehen, sondern mit seinen weiteren Kommunikationsangeboten ganz eng vernetzen. Nur so können wir als Nutzer und Kunden zufrieden gestellt werden. Oder stehe ich mit dieser Ansicht alleine da?
Banken sind große Unternehmen, in denen viele kluge Menschen arbeiten. Leider sitzen diese Menschen sehr häufig in sehr weit voneinander entfernten Räumen. In diesen Räumen gibt es zwar ein Fenster nach draußen, aber keine Verbindungstür nach innen. Diesen traurigen Zustand nennt man Silo-Bildung. Jedes Silo hat lange gebraucht, um einen bestimmten Status innerhalb des Unternehmens zu erreichen und ein damit einhergehendes Budget zu bekommen. Der Kunde mag auf dem Papier im Mittelpunkt stehen. Solange keiner der Häuptlinge befiehlt, Verbindungstüren zwischen den Räumen einzubauen, wird sich nur wenig ändern und der Kunde das Nachsehen haben…
Genau dieses Gefühl habe ich auch immer wieder: Dass Silos sich nicht verbinden lassen, weil sie nicht gelernt haben, miteinander zu sprechen. Ich weiß nur nicht, ob das wirklich rein für Banken gilt. Da fallen mir – leider – noch ein paar andere Branche ein, für die ähnliches gilt.
Dieses Phänomen scheint in der Tat branchenübergreifend zu sein.
Das beste Praxisbeispiel, das mir dazu einfällt, ist das Zitat eines Marketing-Direktors in einem globalen Unternehmen. Es lautet: „Der Kunde ist mir ***(böses Schimpfwort) egal.“
In dem Gespräch ging es darum, eine für den Kunden optimale Lösung zu finden. Leider standen dieser Lösung zu viele interne Hürden im Weg, die dieser Marketing-Direktor ganz offensichtlich nicht nehmen wollte.
Aber zum Glück gibt es in jeder Branche auch positive Beispiele. Und diese Unternehmen werden hoffentlich langfristig zu den Gewinnern zählen.
Das hoffe ich aber auch. Vielleicht sollte es den Unternehmen einen Anlass geben, erst zu überlegen und dann solche Accounts zu eröffnen. Wie sagen wir so schön: Erst Analyse, dann Strategie und dann die Umsetzung. Und bitte nicht umgekehrt.
Letzterem stimme ich unbedingt zu. Und schließe mit dem Hinweis auf eine Anekdote, die sich für angehende Marketingprofis eignet. Denn nur die können etwas bewegen, wenn sie denn wollen. 🙂
http://bit.ly/16HLnWN